Verbauung Kaiserebersdorf – Viele Fragen und wenige Antworten

Wir haben uns in den letzten Monaten durch die mehr oder weniger ausführlichen Informationen der Stadt Wien gearbeitet und mehrere Anträge und Anfragen in der Bezirksvertretung eingebracht, um Antworten auf die drängendsten Fragen von Bürger:innen zu erhalten.

Das Ergebnis ist recht mager und weckt weiter Zweifel an der Richtigkeit und Schlüssigkeit der SPÖ-Pläne, wie uns auch unsere Expert:innen im Gemeinderat bestätigten.

Bürger:innenversammlung – ist da jemand?

Auf Antrag der Grünen Simmering fand im Februar 2024 eine Bürger:innenversammlung statt, die laut Stadtverfassung der Information und Diskussion dienen soll. Diskussion wurde jedoch erst gar nicht zugelassen und die zuständige SPÖ-Stadträtin Ulli Sima war nicht anwesend. Den Bürger:innen wurden von den Mitarbeiter:innen der Stadtplanung die gleichen Pläne wie schon einige Wochen zuvor vorgestellt.

Profitmaximierung für Private statt leistbaren Wohnens

Die SPÖ verspricht 2/3 geförderten Wohnbau im Rahmen der Stadterweiterung: Die Wahrheit ist, dass Bauträger und Spekulanten oftmals bereits exorbitante Summen für die Grundstücke gezahlt haben und an gefördertem Wohnbau kein Interesse haben. Mit allerlei Tricks wird unter Duldung durch die Stadtregierung der leistbare Wohnbau ausgehebelt und stattdessen freifinanziert gebaut, wie das Beispiel der Baumstadt in Floridsdorf zeigt. [1] Das Argument der SPÖ im Gemeinderat, warum die Widmungskategorie geförderter Wohnbau nicht angewandt wird? Es braucht auch Menschen mit Kaufkraft, die sich ein bisserl mehr leisten können(!)

Bau auf Grau – Keine Ideen der Stadt Wien

Wie können bereits erschlossene und versiegelte „graue“ Flächen für Wohnbau genutzt werden, um den Bodenverbrauch einzudämmen? Es geht hierbei um Supermärkte, Gewerbeflächen, Parkplätze, Baulücken, etc. Die zuständige Stadträtin Gaal weist auf Gemeindebauten hin, wo im Zuge von Sanierungen Nachverdichtung gemacht werden. Bei privaten Grundeigentümern macht es sich die Stadt aber zu einfach: Anstatt aktiv zu koordinieren und zu fördern, verweist man auf die fehlende Handhabe. Dabei zeigen Beispiele aus der Vergangenheit, dass es auch anders geht. [2]

Stadterweiterung als selbsterfüllende Prophezeiung?

Die Stadt argumentiert, sie muss Wohnungen bauen, weil die Bevölkerung in Simmering laut Prognose stark wachsen wird. Die Prognose sagt ein Bevölkerungswachstum voraus, weil unter anderem die Stadt viele neue Wohnungen in Simmering plant. Auch wenn das Wachstum der Stadt an sich unbestritten ist, ist klar: Wann und wo gebaut wird, ist eine politische Entscheidung und kein Automatismus, der sich jeder Transparenz, Kontrolle und Diskussion entzieht.
Genau letztere Punkte fordern wir.

Leerstand bekämpfen? Nein danke!

Immer mehr Wohnungen – vor allem im gewerblich errichteten Wohnungsneubau – stehen leer. Die Wohnungen werden als Betonsparbücher zweckentfremdet, Mieter:innen werden als Belastung für die Anlage begriffen. Einerseits wird dadurch das Wohnungsangebot verknappt und die Leistbarkeit von Wohnen gefährdet, andererseits kommt es zu sinnloser Bodenversiegelung. In jeder 10. Wohnung in Wien ist niemand gemeldet. Das sind über 100.000 Wohnungen in ganz Wien und fast 4500 Wohnungen nur in Simmering. Von einer Eindämmung des Leerstandes will die Stadtregierung allerdings weiterhin nichts wissen, obwohl andere Bundesländer hier schon weiter sind und die Bundesregierung den Ländern mehr Kompetenzen geben wird, um wirksamen Steuern zur Wohnraummobilisierung einzuheben.

Grundlagen: Es gibt nix

Wir hatten nach den Grundlagen wie Studien und Arbeitsberichte zum Stadtteilentwicklungskonzept Kaiserebersdorf gefragt. Die Antwort von Stadträtin Sima lautete, dass es nicht mehr gäbe, als bei den öffentlichen Präsentationen gezeigt wurde. Das ist schwer vorstellbar, zumal gerade beim Kapitel Infrastruktur die Annahmen sehr rudimentär waren. Sollte es tatsächlich so sein, lässt dies erhebliche Zweifel an der Qualität der Arbeit der Stadtplanung aufkommen.

Kampf gegen Spekulation vertagt

Wir müssen der Spekulation auf Widmungsgewinne einen Riegel vorschieben. Widmungen bescheren Spekulant:innen ein leistungsloses Einkommen. Während gleichzeitig die Menschen in Wien auf den Kosten für Wohnungen, Schulen, Öffis und Parks sitzen bleiben. Wenn wir weiter zulassen, dass man in Wien mit der Spekulation mit Boden Profit machen kann, dann werden auf diesem Boden keine leistbaren Wohnungen entstehen können. Wien kann und muss hier endlich mit einer Umwidmungsabgabe gegensteuern, passiert ist aber noch nichts.

Wohnbauförderung versickert im Budget

Erst kürzlich wurde wieder auf die Tatsache hingewiesen, dass die Stadt Wien einen nicht unwesentlichen Teil der Wohnbaufördermittel nicht zweckgebunden für Wohnbauförderung ausgibt, sondern diese Mittel ins Budget fließen lässt. Bauen im Bestand bekanntlich ist teurer als auf der grünen Wiese. Sollte das Geld daher nicht zweckgemäß eingesetzt werden und auch für mehr Nachverdichtung ausgegeben werden?

[1] https://www.derstandard.at/story/3000000208345/kein-gefoerderter-wohnbau-in-der-baumstadt-floridsdorf
[2] https://www.derstandard.at/story/3000000191466/wohnen-ueberm-supermarkt-in-wien-donaustadt