Stadt-Erweiterung Kaiserebersdorf. Eine Bewertung
Kürzlich präsentierte die Stadt Wien die ersten Pläne für die Stadterweiterung in Kaiserebersdorf. Wie sind diese zu bewerten?
Verbauung nur als letzte Möglichkeit
Klar ist für uns: Die Versiegelung von Ackerland kann nur der letzte Ausweg sein. Zuvor müssen alle möglichen Maßnahmen ergriffen werden, um Boden zu schützen und gleichzeitig den Bedürfnissen einer wachsenden Stadt gerecht werden, wie z.B.
- Leerstandsabgabe,
- Grundverkehrsgesetz,
- Mehrwertabgabe,
- Überbauung von Supermärkten etc.
siehe dazu: Leerstand nutzen – Boden schützen)
Die Schieflage ist offensichtlich: In Simmering sind in den nächsten 20 Jahren 5.000 neue Wohnungen geplant, gleichzeitig stehen in ganz Wien bis zu 80.000 Wohnungen leer.
Bei den jetzt präsentierten Plänen wurde gegenüber ursprünglichen Entwürfen nachgebessert, die Anzahl der Wohnungen reduziert, Grünräume erweitert. Gleichzeitig wurde die Verbauung von bestehenden Parkdecks an der Etrichstraße neu ins Auge gefasst (bis zu 10 Geschoße). Konflikte mit Bestandsmieter:innen sind hier vorprogrammiert, da der Abstand teilweise weniger als 10 m beträgt.
Die Gebiete im Detail
Weichseltalweg
Hier sind 1000 Wohnungen mit max. 5 Geschoßen innerhalb der nächsten 10 Jahre geplant. Im Norden und Süden des Areals könnten potenziell neue Supermärkte entstehen. Der von Bürger:innen oft erwähnte Bauernhof „Offenstall“ spielt in den Planungen keine Rolle. Ein Park mit 2 Hektar Fläche soll die Bebauung auflockern, Kfz-Verkehr nur vom Weichseltalweg zu den Garagen fahren.

Zehngrafweg
Es sollen 1300 Wohnungen mit bis zu 4 Geschoßen innerhalb der nächsten 20 Jahre entstehen. Die beiden Biotope (Wechselkröten-Biotop, Feuerhallenteich) sollen geschützt werden/bleiben, allerdings rückt die Bebauung viel zu nahe heran (sogar bis in ein gewidmetes Schutzgebiet Wald- und Wiesengürtel!) und gefährdet den Bestand. Auch die Hamsterpopulation im Umfeld von Schloss Neugebäude ist bedroht. Gerade am Zehngrafweg als beliebter und bekannter Naherholungsraum sollte eine zurückhaltendere Entwicklung angestrebt werden. Ebenfalls zum Projektgebiet gehört eine Nachverdichtung im Gemeindebau Thürnlhofstraße 21-23 und beim EKZ sowie eine Aufstockung des Hauses Haidehof im Zuge der Sanierung.

Leberberg
Die zweigeteilte Entwicklung sieht mittelfristig ein Bundesgymnasium und Wohnbauten im südlichen Teil an der Svetelskystraße vor, wobei die Schule in die Kompetenz des Bundes fällt und nicht fix ist. Langfristig (15-20 Jahre) sollen im nördlichen Teil Wohnungen bis 5 Geschoße und ein 5 Hektar großer Stadtteilpark entstehen. Die bei Kindergärten und Schulen beliebte Gärtnerei Jakubek hätte hier keinen Platz mehr.

Dreherstraße
Östlich des Schlosses Kaiserebersdorf (Justizvollzugsanstalt) sollen Wohnungen mit 5 Geschoßen entstehen, ebenso östlich der Dreherstraße auf Höhe Wallagasse, wobei direkt an der Donauländebahn eine Gewerbenutzung vorgesehen ist. Die Öffi-Anbindung ist hier allerdings in diesem Gebiet so gut wie gar nicht vorhanden. Die zuvor erwähnten Überbauungen von Parkdecks an der Etrichstraße sind auch Teil des Projektgebietes, in welchem 900 Wohnungen in den nächsten 5-15 Jahren entstehen sollen.

Häufig wurde bei den Präsentationen betont, dass man sich das Gebiet als Ganzes ansehe und Defizite in der Infrastruktur beheben wolle. Gerade das Kapitel Mobilität bleibt sehr vage, lediglich die Straßenbahn nach Schwechat und ein Buskonzept werden erwähnt, die Schnellbahn S7 findet hingegen keine Beachtung. Auch zu den Bereichen Gesundheit und Kultur waren auf den zuletzt präsentierten Plakaten keine Ideen ersichtlich.
Fazit
Ungeachtet der zweifelhaften Notwendigkeit der Verbauung bleiben auch bei jetzt präsentierten Plänen viele Fragen offen.
Vor allem bei der Infrastruktur sind mehr Überschriften als konkrete Lösungen zu sehen.
Die Verbauung am Zehngrafweg würde das Erholungsgebiet wohl zerstören und ist dieser Form nicht akzeptabel.
Immerhin hat die vehemente Kritik von Seite der Bürger:innen ein gewisses Umdenken gebracht: Erstmals wird auch die Überbauung bereits versiegelter Flächen mitgedacht. Weitere Korrekturen müssen folgen.