Zwangsarbeit in Simmering 1942-45

Ein kaum bekanntes Kapitel der Stadt- und Bezirksgeschichte sind die vielen Lager, welche während des 2. Weltkrieges in Wien unterhalten wurden.

Von Zwangsarbeit im Nationalsozialismus wird gesprochen, wenn eine Person aus rassistischen, nationalen, ethnischen, religiösen und/oder politischen Gründen arbeiten musste, insbesondere dann, wenn diskriminierende arbeitsrechtliche Sonderbedingungen geschaffen wurden.

Ab 1939 wurden Menschen aus besetzten Gebieten als Kriegsgefangene oder zivile Zwangsarbeiter_innen ins Deutsche Reich gebracht. Untergebracht wurden sie in eigenen Lagern oder in Baracken, welche sich in der Nähe oder am Gelände der jeweiligen Firma befanden.

In Simmering ist die bekannteste Örtlichkeit das Nebenlager Saurer-Werke des KZ Mauthausen in der Haidestraße, welches von 1944-45 bestand und bis zu 1500 Häftlinge umfasste. Vielfach unbekannt und überraschend ist die Tatsache, dass daneben noch 1942-45 bis zu 26 weitere Lager für Zwangsarbeit in Simmering bestanden [1]. Die genaue Lage dieser Lager ist oft unbekannt, da die Akten entweder vernichtet wurden oder verloren gingen. Die Existenz erschließt sich nur indirekt über Akten aus Spitälern oder Gerichten, die sich mit den verschleppten Personen befassten.

Mit keinem anderen NS-Verbrechen waren derart viele Menschen persönlich konfrontiert – als Opfer, Täter_innen oder Zuschauer_innen. Die in Simmering eingesetzten Zwangsarbeiter_innen stammten z.B. aus Frankreich, Griechenland, Italien, Jugoslawien, den Niederlanden, Polen, Russland, Spanien, oder der Tschechoslowakei.

Nach der Besetzung Ungarns durch die Wehrmacht im März 1944 wurden auch ungarische Jüdinnen und Juden zur Zwangsarbeit in das heutige Ostösterreich verschleppt. Die Orte der Zwangsarbeit wurden im Rahmen eines Projekts aufgearbeitet und stehen als Online-Dokumentation [2] zu Verfügung.

Einige Lager und deren Nutznießer seien hier exemplarisch aufgezählt:

  • Dorfgasse 38 (heute: Mautner-Markhof-Gasse): Fa. Mautner-Markhof
  • Eyzinggasse 12: Gaswerk Simmering. Bestätigt ist auch die Existenz eines Lagers für jüdische Ungar_innen in der Volksschule am Simonigplatz 2.
  • Geiselbergstraße 4+29: Simmering-Graz Pauker (heute Siemens Mobility)
  • Grillgasse 31: Austro Tatra Werke (KFZ-Herstellung, geschlossen 1980, heute Zentrum Simmering)
  • Grillgasse 51: Georg Schicht AG („Simmeringer Baracken“), eine Tochter der Unilever, welche Seifen und Speisefette herstellte. Die Fabrik wurde in den 1970er Jahren geschlossen.
  • Hauffgasse: Reichsbahnausbesserungswerk Simmering (heute ÖBB Technische Services)
  • Schemmerlstraße: Eine nähere Angabe fehlt in den Akten. Alois Litschauer berichtet in den Simmeringer Museumsblättern [3] über ein Ausbildungslager für Führerinnen von Naziorganisationen, welches sich im unteren Teil der Ferstlgründe (heute: Felix-Swoboda-Hof, Ecke Mitterfeldgasse/Schemmerlstraße) befand und später als Kriegsgefangenenlager diente.  
  • Simmeringer Hauptstraße 234: Gemeinde Wien, Zentralfriedhof

Von den Lagern gibt es heute keine sichtbaren Spuren mehr im Stadtbild. Umso wichtiger ist das Erinnern an diese Ereignisse vor 75 Jahren.

Eine ausführliche Darstellung findet sich im Wien Geschichte Wiki.

Quellen:

[1] Wien Geschichte Wiki, Artikel „Zwangsarbeiterlager“, Wiener Stadt- und Landesarchiv und Wienbibliothek im Rathaus, abgerufen am 10.08.2023

[2] Website „Ungarische Zwangsarbeit in Wien“, Wiener Wiesenthal Institut für Holocaust-Studien, abgerufen am 10.08.2023

[3] Litschauer, Alois: „Böhmisch Trübau“, Zur Geschichte einer Siedlung. Simmeringer Museumsblätter, Heft 21, Nov. 1985

Überwachte Zwangsarbeiter an der Erdberger Lände (1944). Quelle: Wiener Stadt- und Landesarchiv, Fotoarchiv Gerlach, FC1: 10190am